Ergänzende Angaben zur Person

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Ich bin nicht Charlie Hebdo. Auf diese Feststellung lege ich Wert, denn wäre ich es doch, wäre ich identisch, mindestens teilidentisch mit Dr. Joachim Gauck, Präsident der Bundesrepublik Deutschland, der seinerzeit und seinerseits bekannt hatte, er sei jetzt auch Charlie Hebdo.

Die bei weitem tieferen Gründe meiner Klarstellung finde ich in zwei Artikeln des ameri-kanischen Journalisten Scott Sayare in The Atlantic Monthly vom 11. Januar und vom 30. Januar 2015. Auf ihren Inhalt nehme ich Bezug und füge an:

Das für Charlie Hebdo typische Niveau der Karikaturen ist in aller Regel erbärmlich, sei es zeichnerisch, sei es unter satirischen Gesichtspunkten, soweit man Satire als Kunst der geistreichen wie boshaften, gern auch taktlosen Zuspitzung versteht. Auf die Beschreibung einer Karikatur des muslimischen Propheten, wie der Autor Scott Sayare sie gibt, nehme ich Bezug. Der johlende Enddarm- und Fäkalienhumor des Blattes ist der eine Grund meiner Aversion.

Auch den anderen hat Scott Sayare knapp und prägnant zusammengefaßt. Er erwähnt die Mordtat eines islamistischen Rasers im März 2012 in Montauban in Südfrankreich, der in einer jüdischen Grundschule zunächst einen Rabbi und dessen beide Söhne im Alter von drei bzw. sechs Jahren erschoß und sodann ein kleines Mädchen von sieben Jahren, Myriam Monsonego war ihr Name, mit einer Hand bei den Haaren festhielt und ihr mit einer Handfeuerwaffe, die er in der anderen Hand trug, in den Kopf schoß. Die öffentliche Empörung war beachtlich, blieb allerdings, so der Autor, zumindest hinsichtlich der Teilnehmerzahl an Protestdemonstrationen deutlich hinter den Manifestationen anläßlich des mörderischen Überfalls auf die Redaktion des Charlie Hebdo zurück. Plakate á la „Je suis Myriam“ sah man nicht.

Ich hätte solche auch, dies am Rande, nicht eben geschmackvoll gefunden, dies aus Gründen der Pietät, ein Begriff, den ich übrigens keinesfalls ironisch verstehe. Angenommene, um nicht zu sagen: angemaßte Identität mit einem Opfer, noch dazu einem im Kindesalter, und sei sie rein gestisch (wie auch sonst?) und noch so gut gemeint, ist ein zu simpler, ein zu kostengünstiger Moralspender und bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, Position zu beziehen, Mitgefühl zu äußern, tätige Solidarität zu üben und gegen die triebkranken Heuler aufzustehen. Was ich jenen an den Hals wünsche, möchte ich nicht in Worte fassen.

Aber wie gesagt: gewisse Abstufungen der Anteilnahme, Skalierungen der Bekenntnisbereitschaft fallen auf. Jene europäischen und anderen Politiker, die sich im Januar 2015 in einer Seitenstraße von Paris unter Polizeischutz (er sei ihnen gegönnt) aufstellten und ablichten ließen, als marschierten sie in vorderster Front, hatten keinen Anlaß gesehen, sich zum Fototermin vor der jüdischen Grundschule in Montauban einzufinden.

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