Hatte ich unlängst Don Alphonso als erfrischenden und aufgeklärten „Contrarian“ bezeichnet, so muß ich mir nun sagen: selber schuld. Immer mal wieder berichtet er aus Nordost-Italien, und von dort gibt es nicht nur gutes und schönes zu berichten. Zum Bei- spiel diese afrikanischen Migranten, von denen manche ein reichlich dreistes, mitunter kriminelles Gebaren an den Tag legen, das man zum Erbrechen finden kann. Vergleichbare Quellen des Mißbefindens soll offenbar das Foto einer Bettlerin illustrieren, die auf dem Bürgersteig sitzt, oder ein anderes, das einen Afrikaner zeigt, der sich Menschen aufdrängt, die für was auch immer Schlange stehen. Weiter berichtet Don Alphonso vom Haus eines Nachbarn in Mantua. Wörtlich: „Jetzt sind sie dort eingebrochen und haben, entweder weil es dort nichts zu holen gab, oder um Spuren zu verwischen, das Haus angezündet…Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es in den Medien Vorgaben, die Herkunft der Täter nicht zu veröffentlichen.„
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Dazu wüßt ich gern mehr: Wer waren „sie“? War ihre ethnische Herkunft unbekannt, kommen als Täter autochthone Italiener ebenso in Betracht wie zugereiste Einbrecher. War sie bekannt und der Presse mitgeteilt, hätte die, egal ob Corriere, Repubblica, Gazzettino oder La Stampa oder Il Giornale, Il Messaggero oder Il Secolo XIX etc etc sofort von rom oder albanesi oder kosovari albanesi oder africani oder marocchini (ggf. auch von tedeschi, warum eigentlich nicht) geschrieben. Vorgaben für die Presse betr. die ethnische Herkunft wie auch Identität und Namen samt Wohnort einer Straftat überführter oder auch nur beschuldigter oder angeklagter Personen gibt es in Italien entweder nicht oder sie werden nicht beachtet. Weshalb ich vermuten muß, daß der Autor entweder eine Mutmaßung äußert oder aber sich mit Andeutungen eines geheimen Wissens interessant machen will. Denn was spräche dagegen, aus einem italienischen Pressebericht zu zitieren, demzufolge die Polizei Personen dieser oder jener Herkunft in Verdacht, evtl. auch schon festgenommen habe?
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Wohlgemerkt: üble Praktiken sollen keinesfalls unter den Tisch gekehrt oder relativiert werden, weil ihre Urheber dieser oder jener Herkunft sind. Daß aber mit der Zuwan-derung aus Afrika und Nahost die Wahrscheinlichkeit gestiegen sei, in Italien (oder in Deutschland) Opfer eines Raubes oder eines versuchten Raubes zu werden, bedürfte präziser Darlegung, der ihrerseits präzise Recherche vorauszugehen hätte. In die wären im Rahmen einer Langzeituntersuchung die Verhältnisse in Neapel oder auch in Milanos Isola Garibaldi oder Rom einzubeziehen, die in Genua nicht minder, wo mir einst der Personalausweis abhanden kam und Diebe an der Qualität meines Kofferraumschlosses scheiterten. Und ganz unabhängig von allen Zugereisten, da seien alteingesessene Inter-essenten vor, sind die allseits bekannten schwerstkriminellen Praktiken in dieser oder jener Region im tieferen Süden der italienischen Halbinsel.
Aber dem Autor geht es nicht um sozialwissenschaftlich und statistisch verläßliche Aussagen, und das ist legitim, solange an deren Stelle Reflektion des Erlebten tritt. Da nun möchte man Don Alphonso wie weiland einem Bewohner Entenhausens zurufen: „Halt, Onkel Donald! Du kriegst schon wieder deine Wut!“
Denn seine Äußerungen über Matteo Salvini sind nicht grad ein Lobgesang, der Mann kommt aber auch nicht so schlecht weg, denn man könne ihn „nicht pauschal als Ausländerfeind bezeichnen, und dumm (sei) er nicht“; er „konzentriert sich auf die Migration aus Afrika und vom Balkan„.
Salvini hat sich – Don Alphonso verschweigt das nicht – öffentlich und unzensiert dafür ausgesprochen, die Lager nomadisierender Roma (deren Auftreten man mitunter mehr oder auch weniger liebenswert finden darf) mit der Planierraupe – ja, was eigentlich? Ja: plattzumachen, einzuebnen, zu planieren halt, daher das Wort Planierraupe. Ob jeder von Salvinis gröhlenden Adepten zwischen den armseligen Hütten und dem oder jenem Wohnwagen einerseits und den Bewohnern andererseits unterscheidet, wenns ans Plattmachen geht, darf bezweifelt werden. Denn die Lega Nord vertritt nun einmal die Idee, der Padanier an sich, Bürger eines zu gründenden Staates Padanien, sei ethnisch und genetisch dem meridionalen Herkömmling überlegen, sei herrenhaft wertvoller als der.
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Das bleibt (für den Moment?) unerwähnt, weil es das Bild vom wackeren Mann Salvini und dessen angeblichem Traum von einem „normalen Land“ stören könnte und weil Don Alphonso manche Migranten auf den Geist gehen. Letzteres geht mir ganz ähnlich, und mit manchen meiner Landsleute nicht minder, nämlich dann, wenn sie frech werden, sei es, indem sie aufdringlich betteln oder die Anforderungen zivilen Auftretens gegenüber Frauen mißachten, sei es, indem sie, das wäre die deutsche Variante, mit 250 Mann ein Stadtviertel terrorisieren, Geschäfte verwüsten, Türen und Fenster und Imbißbuden türkischer Betreiber einschlagen, Autos und anderes anzünden und mit ihren Springerstiefeln anderen Menschen, vor allem solchen, die sichtlich nicht aus Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern sind, ins Gesicht treten. Am Tegernsee sieht man die Sorte vielleicht nicht ganz so häufig, und deshalb stehen sie auch, anders als vier Migranten oder Flüchtlinge, nicht so breitbeinig im Foyer einer Sparkasse, daß sich keiner mehr reintraut. Allerdings hätten sie sich auch nicht aufs breitbeinig Dastehen beschränkt, schon gar nicht, wenn statt Don Alphonso zwei oder drei Syrer des Wegs gekommen wären oder eine Familie aus dem Irak.
Don Alphonso nimmt zwecks Tendenzdiagnose den Unterschied zwischen Einzahl und Mehrzahl nicht ganz beim Wort, zumindest wenn er von Übergriffen auf deutschem Boden berichtet redet und einen Fall per link als Beleg anführt (der Klarheit halber: ob Senegalese, Albanier oder autochthon bayrisch – wer vergewaltigt, verdient ein gediegenes Strafmaß, und dazu, wird er in flagranti zB vom Disco-Türsteher erwischt, kräftig was aufs Maul). Drei weitere Fälle, fraglos widerliche, die Erwähnung finden, ergeben ihrerseits eine Häufigkeitsverteilung im unteren Promillebereich, die mit einer Null begänne, der ein Komma und vielleicht weitere Nullen folgten, bevor Mengen oberhalb davon einsetzten.
Mit Rechnen und Mengenbegriff klappt es leidlich besser, wenn Thema die Kostenentwicklung bei der Herrichtung eines bayrischen Hotels zur Flüchtlingsunterkunft ist. Vervierfacht haben sich die Kosten für die Hauselektrik, wobei der Unterschied zwischen Kosten und Kostenvoranschlag dran glauben muß wie der Leser an eine Recherche, die in der Lektüre und Rezitation eines Presseberichtes besteht: lag jenem zufolge ein Kostenvoranschlag ursprünglich bei 12.000 €, liegt er nun nach erneuter Überprüfung bei 50.000 €. Gern wüßte ich, woher die Steigerungen kommen, ob es bspw. einen Unterschied macht, ein Hotelzimmer für zwei Nächte oder eine Woche an einen Einzelreisenden oder ein Paar zu vermieten oder an eine Familie oder sechs junge Männer für die Dauer ihres Asylverfahrens. Auch weiß ich nicht, aus welcher Zeit und in welchem Zustand die Elektrik war und von wann der eine, dann der andere Kostenvoranschlag stammte und ob das Hotel als solches in Betrieb war, bis es zur Flüchtlingsunterkunft ungewidmet wurde. Und ich weiß auch nicht, ob ich es Migranten, mit und ohne Asylberechtigung, zum Vorwurf machen soll, daß deutsche Elektriker ihre Chance wittern (und sie nutzen), wenn grüne Landräte genießerisch erklügelte Sicherheitsmaximen statuieren. Elektrifizierung auf der Höhe der Zeit dürfte übrigens den Wert der Immobilie steigern, die vielleicht auch nicht für alle Zeiten als Flüchtlingsunterkunft genutzt, sondern der Gemeinde von einem interessierten Hotelbetreiber abgekauft wird.
Akuter Unwille über Kosten, Immigranten und fette deutsche Handwerker mündet ins Große Greinen: „Es war einmal ein Land, das … so phantastisch funktionierte, weil sehr viele nicht das in Anspruch nahmen, was möglich war, sondern nur das, was sie wirklich brauchten. Nur deshalb konnte es sich eine generöse Wohlfahrt leisten.„
Seltsame Gleichung das. Die Möglichkeiten liegen also weit jenseits der Inanspruch-nahme. Hat sich der Abstand zwischen beiden verringert? Verhält sich die Sache neuerdings gar umgekehrt, wegen der Afrikaner beim Tischtennis vor bayrischen Bergen und fett verschmitzten Elektrikern und ihrem grünen Landrat?
Und ob die „Wohlfahrt“ sooo generös war? Etwa gegenüber der Bedarfsgemeinschaft aus sagen wir zwei Erwachsenen und zwei Kindern, denen auf die Leistungen der sog. Grund-sicherung das Kindergeld als sog. anderweitige Einnahme angerechnet wird?
Und gehörten und gehören zum phantastisch funktionierenden Vaterland nicht von jeher subjektiv getönte Handwerkerrechnungen?
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In aller Klarheit, werter Don Alphonso: ich teile von Herzen Ihren Widerwillen gegen breitbeinig aufgebaute hammelblöde Kretins. Nur: die fallen auf, weil sie eben nicht typisch sind für das Gros der Flüchtlinge. Zwei Anmerkungen dazu: 95 % der Flüchtlinge und mehr sind nach Aussagen der Polizei wie der LEA in BaWü unter keinen Umständen gleichzusetzen mit einem Rudel junger Krampfhähne aus Algerien oder Marokko, die den ganz überwiegenden Prozentsatz der Straftaten aus dem Bereich frisch hergekommener Ausländer liefern. Zu lesen war das in der gedruckten FAZ vom 29.01.2016, S. 2, dto online.
Zwotens, auch damit ich diese Ausführungen langsam mal abschließen kann: Sie schreiben: „Wer in Bayern ankommt, wird nicht einfach nach Italien zurückgeschoben“, und fügen dieser Mitteilung ein Foto von Afrikanern beim Tischtennis vor bayrischer Berglandschaft bei. Mal ehrlich: Liegt nicht darin der wesentliche Grund für Ihr Mißbefinden? Und: wie wollen Sie es behandeln? Wo bitte geht’s zur Euthymie? Hilft einfaches Zurückschieben ? Was, wenn Italien nicht mitmacht? Würden die Ankömmlinge dann nicht per Verschubung zu Lande (Brenner-Expreß München-Verona) nach Italien verbracht, sondern über Padanien Italien abgeworfen, im Paket und mit oder ohne Fallschirm?
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Nach zwei Anmerkungen, sorry, nur noch eine dritte: dieser Herr Salvini konzentriert sich auf die Immigration aus Afrika und vom Balkan, der er mit der Planierraupe Herr werden will. Ihnen als Bewohner des verzaubernden Mantua, Don Alphonso, muß ich nicht erläutern, was in Italien vielleicht nicht jeder Feuilletonist aus Deutschland weiß, dem aggressiv bettelnde Afrikaner auf den Keks gehen, aber jeder Zeitungsleser: daß Immigration ein Bombengeschäft ist, so sehr, daß seine nicht-afrikanischen, nicht-balkanischen Betreiber, deren Telefonate man abgehört und veröffentlicht hat, einander froh bestätigten: Drogenhandel? Prostitution? Iss doch sowas von retro, Alter. Wir machen ungleich mehr Kohle, und das ganz legal, mit Flüchtlingsunterkünften. Und mit Sklavenhalterpraktiken im italienischen Süden.
Ob Signor Salvini sich mit deren Betreibern anlegen möchte? Wohl eher nicht. Daß ihm vor denen und ihren Usancen der kleine Mut abhanden kommt und das große Maul gleich dazu, ist verständlich. Sie würden es ihm stopfen.