Durchs wilde Festival – Lido di Venezia 2016

Ein fröhlicher Zufall will es, daß ich das Filmfestival auf dem Lido di Venezia nun schon im dritten Jahr besuchen konnte. Derzeit erhole mich von dem Stupor, den der Besuch von über dreißig Filmen innerhalb weniger Tage verursacht. Man kann doch nicht ständig. Die Entscheidungen der Jury betr. Goldener und Silberner Löwe etc. sind wie üblich umstritten; einen gehaltvollen Überblick über eine Reihe von Filmdarbietungen gibt bspw. Andreas Kilb auf faz.net. Zur Prämiierung des beinahe vier Stunden und mir damit viel zu langen Epos eines philippinischen Regisseurs „The Woman who left“ mit dem Leone d´Oro mag die aktuelle Lage auf den Philippinen beigetragen haben, die von den Rasereien eines grinsenden  Massenmörders namens Duterte geprägt ist.

Aktuelles aus der politischen Wirklichkeit prägte mehr als nur diesen Film; gleich zweie befaßten sich mit den Vorgängen in Syrien. „The War Show“ schilderte eine ehemals heitere Szene junger Leute, die E-Gitarre gut finden und gern mal was rauchen, die am Strand feiern und niemandem böses wollen außer vielleicht ihren Peinigern. Längst nicht alle von ihnen sind noch am Leben.

Dokumentarisch kam auch ein anderes Werk daher: „Our War„. Vorgestellt werden drei Männer, ein ehemaliger US-Marine, ein Marokkaner und ein Kurde, die in Nordsyrien als Soldaten der sog. YPG für ein freies Kurdistan und gegen den sog IS kämpfen. Vor dem Filmpalast grosses Aufgebot an Polizei wegen Transparenten: Erdogan Assassino Terrorista (da könnte was dran sein). Nach der Filmvorführung Anwesenheit der drei Hauptdarsteller im Saal, großer Beifall, dazu Entrollung kurdischer Fahnen.

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Fotos: Michael Vorwerk © 2016

Der Herr im balladesken Outfit (Bildmitte), einer Art Konfirmations- und Premierenanzug für Freiheitskämpfer, hatte in einem kurzen Interview, das Teil des Films war, den Versuch unternommen, das Problem des syrisch-türkisch-kurdisch-russisch-iranisch-saudisch-islamistisch-amerikanischen Konflikts zu erläutern und seinen Vorschlag zur Lösung gleich dazu: mehr und bessere, dh modernere Waffen für die YPG. Die Waffenindustrien diverser Länder werden es ihm danken. Und das Vertrauen, mindestens das Interesse der amerikanischen Dienste genießt er sicher auch und entspricht ihnen vermutlich.
In einem Interview mit italienischen Reportern äußerte Masud Barzani, er wird als Präsident des irakischen Kurdistan vorgestellt, im italienischen Fernsehen seinerseits unlängst, daß er für u.a. die italienischen und deutschen Waffen dankbar sei, es müßten aber mehr davon und modernere her.

 

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