Zwei Todesfälle, ein Trauerfall

Nicht erst seit dem Anblick der fleischigen Physiognomie des inzwischen durch Selbstmord verendeten Mörders Claus Brunner (dessen Ableben diejenigen bedauern mögen, die ihm nahestanden, falls es solche gibt) ist mir die sog. Piratenpartei gründlich zuwider. Sie war es von Anfang an, und nicht einmal Marina Weisband konnte daran etwas ändern (vielleicht widmet ein poetisch engagierter Zeitgenosse ihr einmal ein Lied à la: Schade, daß du in der falschen Partei bist).

Ende 2011 hörte ich einen Rundfunkbericht über einen Parteitag, dessen Mitglieder eine Partei gründen, aber keine sein wollten. Agitierte Harmlosigkeit bis hin zum begeisterten Infantilismus prägte die Äußerungen der Interviewten, etwa die Jubelhymne auf die digital organisierten Beteiligungsformen der Parteitagsmitglieder. „Liquide“ hieß das Zauberwort, „liquide“ Demokratie, die allen allzeit uneingeschränkte Teilhabe an allem in Echtzeit versprach. Frohe Bekenntnisse fachlicher Unbedarftheit durften nicht fehlen, sie schienen beinahe schon Pflicht und galten als Indizien für Reinheit und Ehrlichkeit. Und fand eine wirkliche Visage, ein dreister Blödian, den Weg in den Reihen der jungen und nicht so jungen NichtswisserInnen, galt ihnen das als Ausweis eigener Vorurteilslosigkeit; schließlich war der Mann schwul. So konnte einer, der drohend und mit Herrscherallüren auftrat und zu deren Verdeutlichung lt. faz.net einen Stahlbolzen, knapp einen halben Meter lang, mit sich führte und nicht verbarg, in der Partei mit dem pubertären Namen was werden. Daß er einem jungen Mann, der von seinen primitiven Avancen nichts wissen wollte, nachstellte und dessen Bekanntschaften wie auch dessen Freundin bedrohte, war vielen seiner ParteikumpanInnen bekannt, so der o.a. lesenswerte Bericht in der faz. Sie fanden nichts dabei, scheint es. Der Claus, der ist halt so, werden sie einander in selig blinzelndem Einverstand bekundet haben und sich dabei aufgeklärt und tolerant vorgekommen sein. In nicht wenigen Leserbriefen auf faz.net setzt sich diese Idiotie fort, die etwas brutales hat: als ob der geile Totschläger als tragisch gescheitert zu bedauern sei. Nun gibt es zwei Todesfälle, von denen einer zu betrauern ist.

Dieser Beitrag wurde unter Der Prügler veröffentlicht. Setzen Sie ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert