Willkommen in der Volksgemeinschaft: Mit Airbnb nach Gadara

Der Tag beginnt mit einer dreisten Nummer: airbnb verlangt per e-mail von mir ein Bekenntnis, genauer gesagt, ein „Airbnb-Community-Bekenntnis„. Ich soll mich bereit erklären, „… jeden – unabhängig von Rasse, Religion, Herkunft, Volkszugehörigkeit, einer Behinderung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung oder Alter – respektvoll, vorurteilsfrei und unvoreingenommen zu behandeln.

Gäbe ich es nicht ab, könne ich „nicht mehr mit airbnb verreisen„. Nun, da will ich mich gern fügen und auf die Dienste der zweifelhaften Mischpoke verzichten. Was übrigens gut klappt, dies am Rande: eine Hotelpension in Wien in günstiger und zugleich ruhiger Lage bietet mir ein komfortables Zimmer mit Frühstück (und ohne Bekenntniszwang) für 40 € pro Nacht.

Was diese Horde amerikanischer middle-class-kids mit Geschäftsidee und ohne Manieren sich in aller Ahnungslosigkeit erlaubt: wer nicht ausdrücklich ein Bekenntnis korrekter Gesinnung abgibt, wer es ablehnt, sich einem moralisierenden Bekenntniszwang zu unterwerfen, gilt offenbar als moralisch unzuverlässig, als inkorrekt und nicht vertrauenswürdig, zumindest unterliegt er einer entsprechenden Vermutung.

Einmal ganz abgesehen davon, daß ich als gelegentlicher (und seit heute darf ich sagen: ehemaliger) Kunde eines Unternehmens noch längst nicht zum Mitglied einer „community“ – zu deutsch: einer Gemeinde – werde, erinnert mich der Begriff des „Airbnb-Community-Bekenntnis“ (!) an gewisse Appelle, die Schweigen als Verrat denunzieren. Ronald D. Laing, mit den Abirrungen und Risiken kollektiver Gewißheiten von Berufs wegen vertraut, bemerkte prägnant: Gruppenloyalität? Das war der Irrtum der Schweine von Gadara.

 

 

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