Hintermann Scholz

Vor knapp fünf Jah­ren sprach der  Bun­des­ge­richts­hof ein deut­li­ches Wort zu den Risi­ken eines gewis­sen öffent­li­chen Renom­mees und sei­ner Ver­wen­dung. Es ging um die Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit der Anga­ben hin­sicht­lich einer Ver­mö­gens­an­lage (sog. Pro­spekt­haf­tung) und wer sie (die Risi­ken) zu tra­gen hat. Das kön­nen sog. Anle­ger sein, denen ihr Stre­ben nach Ver­mö­gens­meh­rung den Wirk­lich­keits­sinn raubte und aller­hand Ver­mö­gen gleich dazu, wie auch die­je­ni­gen, die das objek­tiv beför­der­ten und dafür ihren zumin­dest zum Tat­zeit­punkt noch guten Ruf ver­mie­te­ten, am besten incl. Por­trät­foto samt rand­lo­ser Brille und aka­de­misch bür­ger­li­cher Titel­pracht, zB Prof. Dr. iur. und Bun­des­mi­ni­ster a.D.

Beklagt in dem o.a Ver­fah­ren war Prof. Dr. iur. Rupert Scholz, Bun­des­mi­ni­ster der Ver­tei­di­gung aD. Ihm beschei­nigte der BGH, er sei nicht nur ein Pro­pa­gan­dist, eine Art Grüß­au­gust höhe­rer Ord­nung, viel­mehr sei er tat­be­tei­ligt als  “Hin­ter­mann”. Und führte ihn nicht aufs Scha­fott (schließ­lich sind wir hier nicht in der Tür­kei der nahen Zukunft oder den USA der Gegen­wart), son­dern ver­wies die Sache zurück ans OLG Karls­ruhe. Des­sen Urteil hatte der BGH auf­ge­ho­ben, soweit es eine Haf­tung des von ent­täusch­ten (man­che sagen: geprell­ten) Anle­gern auf Scha­dens­er­satz ver­klag­ten Pro­fes­sors der Rechte und Mini­sters aD von vorn­her­ein ver­neint hatte.

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rupert s - sw

Prof. Dr. iur. Rupert Scholz, Bundesminister der Verteidigung aD
(die Preisangabe bezieht sich auf den Zugang zu einem Artikel
auf faz.net vom 08. 12. 2011)

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Was war gesche­hen? Prof. Dr. iur. Rupert Scholz hatte sich einem klei­nen Rudel bedingt seriö­ser Gestal­ten ange­dient und Ver­mö­gens­an­lage bei deren Unter­neh­men emp­foh­len, dies mut­maß­lich gegen Bezah­lung, par­don: Hono­rar, und mit eini­gem Erfolg für seine Mit­tä­ter und deren Porte­mon­naies wie wohl auch für sein eige­nes, nicht hin­ge­gen für die der Anle­ger. Im Gegen­teil: Die waren an eine Truppe gera­ten, der die BaFin die wei­tere Aus­übung ihres Gewer­bes als­bald unter­sagte. Das Unter­neh­men mel­dete Insol­venz an, die Anle­ger durf­ten anstelle der kleb­ri­gen Wer­be­texte nun­mehr die Insol­venz­ta­belle stu­die­ren, falls über­haupt noch Masse vor­han­den war.

Auf Anfrage vom 16. 11. 2016  nach dem wei­te­ren Gang des Ver­fah­rens und sei­nem Ergeb­nis teilt Pro­fes­sor Dr. iur. Scholz unter dem 17.11. 2016 mit, der BGH habe ihn “nicht ver­ur­teilt”. Die Sache sei zurück­ver­wie­sen wor­den, die Gegen­seite habe ihre Klage kosten­pflich­tig zurück­ge­nom­men. “Zah­lun­gen mei­ner­seits o. ä.” seien “selbst­ver­ständ­lich nicht erfolgt.”

Eine “Ver­ur­tei­lung” hat auch nie­mand behaup­tet. Der BGH  — s. o. — hatte ent­schie­den, daß ange­sichts des Tex­tes der Anprei­sun­gen und des Zusam­men­han­ges zwi­schen Emis­si­ons­pro­spekt, “Pro­dukt­be­schrei­bung” und zwei Zeit­schrif­ten­ar­ti­keln, die den beklag­ten Pro­fes­sor per Inter­view prie­sen (und er sich selbst und seine Mit­tä­ter gleich dazu), ein ein­heit­li­cher Pro­spekt zu sehen sei und er des­halb als Hin­ter­mann. Wört­lich zitiert ihn der BGH:

Meine For­de­rung an das Manage­ment der D. A. AG für meine Mit­wir­kung als Vor­sit­zen­der des Bei­rats war: Durch­ge­hende Qua­li­täts­si­che­rung für jeden ein­zel­nen Anle­ger. Dazu Kom­pe­tenz, Kon­trolle und Trans­pa­renz für das Kon­zept und die han­deln­den Per­so­nen des Fonds. Das haben wir geschafft. Mich hat die Beach­tung aller denk­ba­ren Anle­ger­schutz­re­ge­lun­gen, die das Fonds­kon­zept aus­zeich­net, beein­druckt.”

Qua­li­täts­si­che­rung. Kom­pe­tenz. Kon­trolle. Was noch? Klar: Trans­pa­renz. Für jeden ein­zel­nen Anle­ger. Klar: nicht etwa nur für ein paar Anle­ger oder nur für ein paar Gano­ven, denen er im Wort gewe­sen. “Gano­ven”: darf man die so nen­nen? Je nun — zu den “han­deln­den Per­so­nen” gehörte (min­de­stens?) ein inzwi­schen mehr­fach als Betrü­ger und Bank­rot­teur vor­be­straf­ter Anbie­ter  sog.  “Finanz­dienst­lei­stun­gen”. Der die Prü­fung in Sachen “Kom­pe­tenz, Kon­trolle und Trans­pa­renz ” offen­bar mit Aus­zeich­nung bestand, obwohl (oder weil?) die Kon­trolle der “han­deln­den Per­so­nen” dem Pro­fes­sor Scholz oblag. Und nicht nur bestan­den und über­stan­den hat sie der kri­mi­nelle Lump, seine Taten haben sogar, siehe oben, “beein­druckt”, und zwar den Pro­fes­sor Scholz. Dem macht kei­ner ein X für ein U vor — meinte zumin­dest der red­li­che Anle­ger, der eine Bande von Gau­nern dar­auf­hin prompt für red­li­che Kauf­leute hielt anstatt sie als das zu erken­nen, was sie, um ein Dich­ter­wort zu bemü­hen, waren und sind: Lüg­ner und Laf­fen, reich gewor­de­ner Pöbel.

Warum ist das heute von Bedeu­tung? Wen soll ein Gerichts­ver­fah­ren, das vor Jah­ren sei­nen Abschluß fand, noch inter­es­sie­ren? Wo doch win­dige Typen und bezahlte Vor­tän­zer mit und ohne aka­de­mi­sche Rang­ab­zei­chen zur Stamm­kli­en­tel der Justiz gehö­ren. Als ob Dol­lar­zei­chen nicht auch einem Pro­fes­sor für “Finanz­recht”, was immer das sein mag, den Blick trü­ben (oder schär­fen?) könn­ten (was gegen­über ande­ren und nicht min­der plau­si­blen Hypo­the­sen die freund­li­chere wäre.)

Nun, vor kur­zem mel­dete Prof. Dr. Scholz sich erneut zu Wort, dies­mal nicht im Wer­be­pro­spekt einer zwei­fel­haf­ten Firma, son­dern per Gast­bei­trag in der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung, die ihm dafür ein paar ihrer Spal­ten frei­ge­macht hatte (FAZ v. 14.11.2016, S. 10). Das Grund­ge­setz müsse geän­dert wer­den, schreibt er da, Euro­pas Sicher­heit ver­lange das, “vor allem auch die Pro­bleme an den Außen­gren­zen der EU”. Dort geht es offen­bar so hoch her, daß der Ver­fas­ser nur noch einen Weg sieht: Eine Euro­päi­sche Armee. Zwar sähen die EU-Ver­träge eine gemein­same Ver­tei­di­gungs­po­li­tik vor, aber selbst wenn die in eine Euro­päi­sche Armee mün­dete, bestehe ein emp­find­li­ches Hin­der­nis für deren unge­hin­der­ten Ein­satz fort, jeden­falls was die Betei­li­gung deut­scher Trup­pen angehe: der sog. Par­la­ments­vor­be­halt, dem eine deut­sche Betei­li­gung gem. Art. 24 Abs. 2 des Grund­ge­set­zes unter­liege.

MaW: ohne Zustim­mung des Bun­des­ta­ges keine Betei­li­gung der Bun­des­wehr an krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Und weil das BVerfG inso­weit nicht mit sich reden läßt, son­dern unsen­ti­men­tal urteilte, der sog. kon­sti­tu­tive Par­la­ments­vor­be­halt für einen Aus­lands­ein­satz der Bun­des­wehr sei “inte­gra­ti­ons­fest”, dh nicht durch supra­na­tio­nale Abkom­men oder Struk­tu­ren aus der Welt zu schaf­fen, befin­det der Ver­fas­ser forsch: wenns nicht paßt, wirds pas­send gemacht. Auf daß euro­päi­sches Krieg­füh­ren leich­ter werde und der ver­dammte Bun­des­tag sich gefäl­ligst raus­halte, und wenn er zehn­mal die gewählte Ver­tre­tungs­kör­per­schaft des Sou­ve­räns (vulgo: des Vol­kes) ist. Einen Text­vor­schlag hat der Jurist und Wer­be­tex­ter auch gleich parat. Art. 24 Abs. 2 GG sei zu ergän­zen: “Die Streit­kräfte der Bun­des­wehr kön­nen durch Bun­des­ge­setz ganz oder teil­weise in Mili­tär­struk­tu­ren der Euro­päi­schen Union ein­ge­fügt und inte­griert wer­den. Bewaff­nete Ein­sätze der Streit­kräfte inner­halb sol­cher Struk­tu­ren bedür­fen kei­ner Zustim­mung des Bun­des­ta­ges.

Soweit die Lust­phan­ta­sien eines älte­ren Herrn in gesi­cher­ter Lage: ruft das Ober­kom­mando einer Euro­päi­schen Wehr­macht zu den Waf­fen, haben deut­sche Sol­da­ten gefäl­ligst zu parie­ren und das Par­la­ment das Maul zu hal­ten. Wobei die Dar­le­gun­gen des Ver­fas­sers auf­fal­lend blaß blei­ben, und das in einem zen­tra­len Punkt: warum eigent­lich ohne euro­päi­sche Armee und mit natio­na­lem Par­la­ments­vor­be­halt Euro­pas Sicher­heit bedroht sein soll. Das hätte der Dar­le­gung bedurft. Die fehlt, und an ihre Stelle tritt der Appell des Bescheid­wis­sers, der die “immer aku­ter wer­den­den deut­schen wie euro­päi­schen Sicher­heits- und Ver­tei­di­gungs­be­lange” beschwört, denen in “wei­ter­füh­ren­der Weise ent­spro­chen” wer­den müsse.

Da wüßte man gern nähe­res. Wie akut sind die Belange und wann waren sie weni­ger akut? Was redet, was kün­det der Mann? Hat er Gesichte? Daß ohne euro­päi­sches Ober­kom­mando und dank deut­schem Par­la­ments­vor­be­halt Wla­di­mir Putin an der Spitze sei­ner sla­wi­schen Hor­den in Bay­ern ein­mar­schiert? Die Tata­ren in Bam­berg? Die Tür­ken in Wien oder wenig­stens auf Les­bos? Daß eine Misch­poke aus mor­gen­län­di­schen Migran­ten kern­deut­sches Hei­mat­land flu­tet?

Alles Fehl­an­zeige. An die Stelle von Dar­le­gung und Begrün­dung tre­ten Appell und prä­ten­tiö­ser Denk­schrif­ten­jar­gon. Begün­sti­gend dafür scheint der Umstand, daß der Autor kraft Alters und gesell­schaft­li­cher Posi­tion sicher sein kann, den unmit­tel­bar phy­si­schen Risi­ken, wie sie im Rah­men mili­tä­ri­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen auf­tre­ten und sich öfters auch mani­fe­stie­ren, nicht aus­ge­setzt zu wer­den. Wer gleich­wohl und mit Rück­sicht auf einen dezen­ten Sprach­ge­brauch Bezeich­nun­gen wie Feig­ling, bezahlte Type oder par­fü­mier­ter Vor­tän­zer zu kräf­tig fin­det, mag eine andere Voka­bel wäh­len. Mein Vor­schlag wäre: Hin­ter­mann.

 

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